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Heute ist ein vergleichsweise ruhiger Tag, da "nur" zwei Besichtigungen anstehen, wir aber ansonsten in unserem Hotel in Brig bleiben. Also nur "kleines" Gepäck, aber dafür Frühstück um 06.30 Uhr, Abfahrt nach Frutigen um 07.13.
Die reservierten Plätze befinden sich im vorderen Wagen (EW IV Steuerwagen). Dort befinden sich auch zahlreiche Snowboard-DAUs und wir, vorgewarnt durch diverse Erlebnisse der letzten Tage, ziehen uns vorsichtshalber in den zweiten Wagen (EW IV B modernisiert) zurück. In der Morgendämmerung geht es die Lötschberg-Südrampe hoch, bei wenig Sicht ist trotzdem einiges von Visp und dem Rhônetal zu sehen; Ziel ist Frutigen und von dort aus geht es mit dem BLS-Bus zur Alptransit-Baustelle Mitholz zurück. Alles verläuft planmäßig, in Frutigen hat es sehr viel Schnee und es schneit weiter. Wir konnten endlich die mysteriöse LSB-Mietlok (von Faur, Rumänien, orange) photographieren (was bedeutet LSB?). Wir verbringen die knappe Stunde Übergangszeit (es gibt nach dem neuen Fahrplan für Bahn 2000 II einen Nicht-Anschluss zum Bus von -5 Minuten) mit ein paar Fotos vom Bahnhof, einem Weg zur Baustelle der Tunneleinfahrt oder einem Milchkaffee im Bahnhofsrestaurant.
Der Bus ist ein recht neuer MB-Citaro im neuen bls-Corporate Design, wobei die Busse aber von der AFA (Autobus Frutigen - Adelboden) betrieben werden. Der Busfahrer ist ausnehmend freundlich, begrüßt ihm bekannte Fahrgäste mit Handschlag und verabschiedet alle (auch uns) mit einem netten Wort über die Lautsprecheranlage. Die Haltestelle Mitholz Alptransit liegt "in der Pampa", wir spuren uns einen Weg durch den tiefen Schnee zum Besucherzentrum.
Da ist noch geschlossen, als wir ankommen, wird aber bald geöffnet. Leider ist der für uns vorgesehene Besucherführer nicht da und auch nicht erreichbar. Irgendwas ist schiefgegangen. Aber es wird zügig für Ersatz gesorgt. Nach einiger Zeit kommt eine kompetente Dame von ca. Mitte 50 (Name der Redaktion bekannt) mit schickem blau-leuchtgrünem Overall, die uns mit wirklich großem Sachverstand durch die Baustelle führt. Die Wartezeit haben wir durch die Besichtigung der Ausstellung gut überbrückt. Nach einem Einführungsvortrag wird, wie üblich, eingekleidet: Helm, gelbe Warnjacke und Gummistiefel sind im Tunnel obligatorisch. Die Einfahrt in den Tunnel erfolgt mit dem Kleinbus, dessen sämtliche Fenster augenblicklich beim Einfahren in den Tunnel von außen und innen beschlagen. Drinnen sind gut 25 Grad Temperatur bei einer Feuchtigkeit nahe 100%, nicht eben angenehm, aber erträglich. Störender ist der "Betongeschmack" in der Luft. Und die gummierten Sicherheitsjacken stören wirklich, denn bald sind alle von innen klamm von der Feuchtigkeit. Badehosen wären wohl angemessener gewesen.
Besucht wird die Kreuzungsstelle Mitholz, ein ziemlich verwirrendes Gebilde aus vielerlei Tunneln und Tunnelstutzen. Wir parkieren an der Kreuzung zwischen Tunnel West und Stollen A. Das wirklich Tolle daran ist der Versuchsstollen, ein Stück vom Tunnel West, in dem verschiedene Ausbauvarianten einschließlich Oberbau, Fahrleitung, Schildern und Notbeleuchtung erprobt werden. Wir konnten also ein Stück praktisch fertigen Tunnel besichtigen, in dem sogar ein alter BLS-Flachwagen steht. Ob der wohl jemals wieder das Tageslicht sieht? Wir sahen einige weitere Punkte der Baustelle, die zentrale Werkstatt, in der massenhaft Baumaschinen zur Reparatur stehen und die sich mitten im späteren Haupttunnel befindet. Der Weihnachtsbaum hier ist noch nicht abgeschmückt.
Dies war, wie wir finden, eine wirklich ergiebige Führung, genau das, was wir uns erwartet hatten. Am Ende werden wir zur Bushaltestelle zurückgefahren, was uns den wenig angenehmen Weg an der Straße erspart. Ein wenig Flurschaden entsteht dennoch...
Rückfahrt nach Brig über Kandersteg; der wieder knapp einstündige Übergang wird zum Einkauf genutzt. Der Fahrdienstleiter ruft frühzeitig die Lage unserer reservierten Plätze aus, vielleicht auch, um sich nicht länger hinter seiner Scheibe beobachtet zu fühlen, denn das große Integra-Domino-Pult, mit dem der Abschnitt zwischen Frutigen und Goppenstein (beide Bf. exklusive) bedient wird, weckt großes Interesse. Zug ist wieder ein EW-IV-Wendezug, unsere Sitze im Steuerwagen am Zugschluss. Bei der Talfahrt hatten wir etwas bessere Sicht und den Steuerwagen so gut wie für uns: Wer einen Sitzplatz in Fahrtrichtung mit Blick aufs Tal haben will, bekommt auch einen.
In Brig werden wir gleich am Bahnhof abgeholt und es wird in zwei Gruppen die Betriebszentrale der Matterhorn-Gotthard-Bahn besichtigt. Diese befindet sich in einem recht unscheinbaren Wohnhaus in Brig und (wie bei solchen Anlagen üblich) ohne Streckensicht. Die ex-BVZ und ex-FO-Strecken werden aus einer Zentrale kontrolliert, aber noch relativ getrennt: die ehemalige FO über Alcatel Command 900, die ehemalige BVZ über die ILTIS-Oberfläche von Siemens. Wir können den drei Disponenten (2x FO,1x BVZ während der HVZ, sonst 1 Disponent für alles) über die Schulter gucken und einfach fragen; es ist nur sehr mäßiges Chaos und Zeit genug zum Erzählen. Da die BVZ und FO Fernsteuerungen natürlich nicht auf einem Arbeitsplatz gemeinsam arbeiten können, weiss man auch, warum die Disponenten Bürostühle mit Rollen haben. Auffällig die imposante Espressomaschine "vom Feinsten" in der Ecke - leider haben wir nicht gefragt, ob die auch an der Netzersatzanlage hängt (ist aber wahrscheinlich, denn ohne Kaffee funktioniert eigentlich kein Stellwerk). Auf die Frage, ob es nun denn gar keine örtlichen Fahrdienstleiter mehr gibt, kommt die klare Antwort: "Nein, denn wir bilden neue Leute gar nicht mehr aus und außerdem haben wir ja auch schon Frauen eingestellt." Aha, ja, ne, is' klar.
Die erste Gruppe hate das Vergnügen beim Disponent FO (Realp-Sedrun) einen Neustart der Fernsteuerung mitzuerleben. Die 3 R der Computertechnik....
Ein Postautobus erwartet uns vor der Tür und bringt uns in die Hauptwerkstätte draußen vor der Stadt. Hier begrüßt uns unser Kontaktmann bei der MGB und übergibt unsere Gruppe dem Werkstattleiter, der uns wiederum ausführlich jeden Winkel zeigt und keine Frage unbeantwortet lässt. Die Werkstätte ist modern und geräumig, wenn auch ohne Marmorfliesen und auch nicht ganz staubfrei.
Zurück bringt uns wieder ein Postauto, ein ziemlich neuer Citaro (nach den beiden bls-Bussen der dritte des Tages), und wir werden direkt vor dem Bahnhof wieder abgesetzt. Die verbleibenden zwei Stunden bis zum Abendessen nutzt jeder, wie er gerade Lust hat. Matthias Dingeldein verabschiedet sich, den er muss noch lernen und hat morgen eine wichtige Prüfung in Aachen. Ein paar sind im letzten Tageslicht noch den <+> -Erlebnispfad bis zum Tunnelportal des 1921 erbauten Simplontunnels entlanggegangen, das war einmal der längste Tunnel der Welt.
Zg2 sucht - süchtelnd wie üblich - nach einem Wireless Hotspot oder wenigstens einem Internetcafe mit der Möglichkeit zum Einstöpseln des eigenen Notbuchs. Leider bis auf drei Surfstationen in einer Hotellobby (O-Ton: "Thema verfehlt") Fehlanzeige in ganz Brig, Wer sich also an einem schönen Ort mit einer an sich nicht mehr neuen Geschäftsidee selbständig machen will, hätte hier eine Gelegenheit...
Wir beenden den Tag mit einem guten Abendessen in unserem Hotel und einer CF-Auslese-und-CD-Brenn-Orgie mit den Bildern.
Und morgen ist ein neuer Tag! Vive la France.
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