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Alp Grüm ist schon ein "kultiger" Ort. Nach einem recht langen Abend haben wir dennoch eine ruhige Nacht, erst der Wecker weckt uns in der "VIP-Lounge" auf. Dieses Mal keine Schneeschleuder, denn Schnee liegt eher wenig, der Wirt meint fast, sich dafür entschuldigen zu müssen. Aber < 0,5 Meter (stellenweise aber nicht in der Höhe sondern in der Länge) sind es doch, und wir werden heute noch wirklich reichlich Schnee erleben...
Vor uns liegen viele Kilometer Schmalspur, ausschließlich - von Alp Grüm nach Brig. Frühstück um 8 Uhr, Abfahrt 09.07 Uhr nach Pontresina, dort Umstieg nach Samedan, dann mit unterschiedlichen Tagesprogrammen nach Brig, über den Albulapass - so war es jedenfalls vorgesehen. Der Zug kommt pünktlich und wird wie gewohnt in der Gaststube Alp Grüm mit einem eigens konstruierten Leuchtmelder, der seine Information aus der Blockleitung bezieht, korrekt vorgemeldet. Er besteht aus einem ABe 4/4 II, einem ABe 4/4 III, einem B und einem BD. Unterwegs zeigt sich sogar die Sonne und die Vorbeifahrt am Lago Bianco ist wirklich märchenhaft.
Umstieg in Pontresina bei Sonnenschein und planmäßig in den Zug nach Scuol-Tarasp bestehend aus Ge 4/4 II 630, A 1250, B 2342, B 2350 und BDt 1757. Wir fahren im BDt, einem sehr angenehmen neuen Steuerwagen mit Niederflur-Mittelteil. Einige unserer debx-Mitfahrer bleiben im Zug von Alp Grüm sitzen und fahren weiter nach St. Moritz. Beim geplanten Umstieg in Samedan erfahren wir, dass vor dem Albulatunnel eine Lawine abgegangen ist und die Strecke erst mal gesperrt ist - man wisse noch nicht, wie lange und empfehle die Umleitung über Sagliains. Wir nehmen die Empfehlung an und stecken die Schlittenfahr-Pläne (Preda-Bergün) auf (bedeutet: aufgeben); draußen schneit es immer heftiger und die Schneeflocken bewegen sich waagerecht.
Umstieg in Sagliains: Der Bahnhof ist wirklich sehr unwirtlich, was soll man hier eigentlich tun außer schnellstens in den nächsten Zug zu steigen? Es soll schweizweit der einzige Bahnhof ohne Zugang von außerhalb sein. Soll heißen, dass ein Verlassen der RhB-Infrastruktur ohne illegales Überschreiten der Gleise nicht möglich ist (Scumandà da traversar ils binaris). Unser Zug fährt direkt nach Disentis, er besteht aus der Gelenklok Ge 6/6 II 706, zwei Mitteleinstiegwagen B 2329 und 2325, dem Gepäckwagen D 4220, zwei etwas komfortableren 2.-Kl.-Wagen B 2430 und 2359 verschiedenen Datums und dem A 1229 (1. Kl.). Er ist recht voll, wir finden erst mal Platz, indem wir ein Raucherabteil im ersten Wagen okkupieren.
Leider finden sich doch noch einige Raucher ein, so nutzen wir den starken Fahrgastwechsel in Landquart, um uns angenehmere Plätze zu suchen. Hier hilft uns, dass "Spezialisten" der Marke Brig ("jeder Wagen hat nur eine Tür") einen der Wagen verlassen und uns somit Zeit für den Wagenwechsel via Bahnsteig ermöglichen. Also hinein in den B 2359, einen EW III der Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein. Immerhin dauert die Fahrt in dem durchgehenden Zug über drei Stunden. Der Tunnel ist eher unspektakulär, vorsichtshalber werden einige Fotos von den Tunnelwänden gemacht. Draußen schneit es immer mehr und die Schneewände vor dem Fenster wachsen immer höher. In Klosters erreichen sie die Abteilfenster, in Chur wird es wieder deutlich weniger. Hier gibt es wieder Rangier-Gymnastik: ein Zusatzwagen (B 2357)wird aufgenommen, aber nicht am Ende des Zuges oder an der Spitze, sondern mittendrin (hinter dem D 4220) - mit entsprechend aufwändigem Rangiermanöver. In Reichenau steigen die "St. Moritzer" dazu, die ohne größere Probleme über die Albula gekommen sind, welche inzwischen von der Lawine beräumt wurde. Entgegen der SMS mussten sie als Folge der Rangiererei in Chur (deren Sinn sich immer noch nicht recht erschließen will) in den sechsten statt in den fünften Wagen einsteigen.
Die drei Teilnehmer, die die Reise über St. Moritz in der Planung haben (Klaus vdH, Marc und Wolfgang), trennten sich bereits in Alp Grüm vom Rest der Gruppe, nachdem der andere Teil sich schon vorher separiert hatte: nur diese drei steigen in den zweiten Triebwagen des Zugs nach St. Moritz ein. Dies ist "Diavolezza", der "Traditionstriebwagen" des debx-Treffens auf 2002, der uns mit seinem kraftvollen Drehstromsummen schon vor zwei Jahren fleißig über den Pass geschaukelt hat. In Pontresina nehmen wir das Gepäck von Tobias auf und fahren weiter nach St. Moritz.
In St. Moritz geht die große Rangiererei auf der Gleichstromseite des Bahnhofs los: Triebwagen unseres Zuges umsetzen, den letzten Wagen wegstellen. Aus der anderen Abstellgruppe einen Panoramawagen holen, und für die Fahrt nach Tirano vorbereiten. Nachdem diese Triebwagengymnastik zu Ende ist, fährt aus Richtung Pontresina der historische gelbe Triebwagen ein, der sich aber gleich in die Abstellgruppe zwischen dem Gleich- und Wechseltromteil des Bahnhofs verkrümelt. Die Diesellok holt den Wagen, der von Diavolezza gerade in die flussseitige Abstellgruppe gestellt wurde, wieder hervor und stellt ihn woanders hin. Dann holt der historische Triebwagen drei ebenfalls historische Wagen aus der Gruppe und stellt sie auf Gleis 5 bereit, bevor der "moderne" Zug nach Tirano ausfährt.
Weiter geht die Rangiererei auf der Wechselstromseite. Der Schnellzug aus Chur kommt mit +50 herein, und die Doppeltraktion Ge4/4II setzt um. Wir besteigen den führenden 2.-Klasse-Mitteleinstiegswagen, der durch drei Wagen erster Klasse vom Restzug getrennt bleibt. Auf der pünktlichen Fahrt in Richtung Albulatunnel zeigt sich diese Entscheidung als weise, denn nach den in Massen in den Zug drängenden Fahrgästen zu urteilen ist es im hinteren Teil des Zugs lauschig gemütlich.
Bei der Einfahrt in den Albulatunnel ruft der Lokführer über die Zuglautsprecher nach dem Zugführer, ein paar Minuten später kommen wir mitten im Tunnel zum stehen: "Sehr geehrte Fahrgäste, wegen einer Lokstörung verzögert sich unsere Weiterfahrt um wenige Minuten." Hmpf. Haben wir schon zwei Loks und bleiben trotzdem liegen. Aber wirklich schon nach wenigen Minuten geht es weiter. Auf der Talfahrt verliert Wolfgang trotz fehlendem Kompass nicht die Orientierung (und nicht die Ruhe wegen der Verspätung: "Des geht sich scho aus!") und wir beobachten das geschäftige Treiben auf der Schlittenbahn-Albula-Paßstraße. Filisur 21 ist fertig: Die Gleise 2 und 3 haben nun einen Hochbahnsteig mit Überdachung und sogar eine Unterführung erhalten.
Die weitere Fahrt bis Reichenau-Tamins verläuft ohne besondere Vorkommnisse. Wir haben dort noch etwa +5, so dass unser Anschluss nach Disentis nicht gefährdet ist. In Reichenau-Tamins fallen dicke Schneeflocken, wir dürfen durch etwa fünf cm Neusulz stapfen.
Die wieder gemeinsame Fahrt durch die Rheinschlucht bei viel Schnee ist schon etwas Besonderes, immer wieder finden sich schöne Fotomotive, die durch "Kurve links voraus!" und "Kurve rechts voraus!" auch rechtzeitig angekündigt werden. Andere lassen die Digicam im Rücksack und die Bilder einfach auf sich wirken.
Umstieg in Disentis auf die matterhorn gotthard bahn, ein lokbespannter Zug bestehend aus der HGe 4/4 II 101, den Wagen B 4288, B 4283, B 4286, AB 5172 (mit Klappfenstern) und B 2342, alle schon im mgb-Design. Einige Ski- und Snowboardfahrer geben uns wieder eine DAB-Demo, dennoch ist die Abfahrt pünktlich und wir genießen die schneereiche Fahrt über den Oberalppass, wobei die seitlichen Schneewände sehr oft bis zur Dachkante reichen, also die Aussicht doch hin und wieder nachhaltig beeinträchtigen. Die Sicht am Oberalppass ist nicht so toll, aber wir werden von einer Einheit aus Schneeschleuder Xrotm, Diesellok Gm 4/4 62 mit weithin sichtbarer Abgasfahne und einem Schneepflug entschädigt. Im Nätschen erlebt Mark H. ein "Gunkel debx2003 Revival". Dort steht im Gleis von Andermatt besagte Schneefräse. Alles stürmt ans linke Fenster (zum Glück kippt der Wagen nicht) und knipst wie wild. Nur bei Mark meldet sich just im entscheidenden Moment der Akku der Digitalkamera ab. Bei Klaus P. hält zwar der Akku, aber Köpfe und hochgereckte Hände mit Digicams lassen keinen Blick auf das seltene Motiv zu,
Unterwegs immer wieder DAB-Demos (als Gruppe steigt man generell nur durch eine einzige Tür ein und dabei nimmt man das ganze Ski- und Snowboard-Gerödel möglichst so mit, dass die Mitreisenden maximal behindert werden). Das im Wagen aufgestellte Wintersportgerät fliegt auf der Fahrt tüchtig durcheinander und liegt in einem unkoodinierten Haufen im Eingangsbereich unseres Wagens, die Besitzer des Materials sitzen zwei Wagen weiter und behindern gebührend den Ausstieg in Andermatt, als sie kurz vor dem Halt durch den Zug gelaufen kommen (was in Skistiefeln nicht sehr flott geht) und dann erst einmal das durcheinandergeworfene Wintersportgerät sortieren müssen.
In Andermatt kaufen sich einige Toblerone und Anderes am Bahnhofskiosk., für mehr reicht die Zeit nicht. Zwei Wagen werden bereits bereitgestellt, aus Göschenen kommt ein geschobener Wendezug mit ABt 4158 + B 4270 + B 4275 + Deh 4/4 II 96 die Schöllenenbahn hoch, auch schon alles im mgb-design, und die beiden Wagen (ABt 4154 + B 4296) werden hintendran gehängt. Die restliche Fahrt verläuft geruhsam, wenn auch "in vollen Zügen". Eine große Gruppe Wintersportler wurde zu unserer Erleichterung bereits vor Abfahrt in die bereitgestellten Sonderwagen verfrachtet, aber es sind noch genug da, die auch den Rest des Zuges gut füllen. Die Fahrt durch den Furkatunnel und durch das Goms ist angenehm, auch dank Streckenblick im Steuerwagen. Draußen weiterhin Schneeberge, aber hinter Fiesch nehmen diese während des Abstieges bei Grengiols rapide ab. In Brig finden sich noch recht spärliche Reste, aber es schneit heftig. Gut, dass unser Hotel gleich am Bahnhof ist. Der Wirt hat für uns ein Fondue vorbereitet und dazu eine Walliser Brotzeit mit Trockenfleisch, Speck und Hobelkäse - klingt heftig, ist aber genau richtig nach einem Tag in vollen Zügen, aber ohne Verpflegung.
Leider hat sich das Rodeln nicht ergeben. Aber nur einenTakt für das Rodeln aussetzen war sehr ambitioniert und wenn der Zug auch nur 20min in Spinas od'r Bever gewartet hätte wäre das Thema Rodeln ohnehin erledigt geweesen. Somit kamen wir in den Genuss der Engadinstrecke und dem Vereinaloch. Die Linie durch das Prättigau (Kosters-Landquart) ist sehr stark belastet. Die Doppelspurausbauten wie beli Scheiers können das aber mittlerweile ein wenig kompensieren.
Der Bau am Gotthardtunnel in Sedrun (Visiun Porta Alpin) scheint derzeit zu pausieren. Oder schneit es nur derart, dass das Anschlussgleis vor Sedrun schon völlig zugeschneit ist?
Wie schon geschrieben,die RhB und MGB Strecken sind auch bei dichtem Schneegestöber ein Erlebnis.
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